· 

Stoffspielereien: Posamenten - ein Paar Epauletten für festliche Gelegenheiten

Das heutige Thema lautet Posamenten, und wir sind zu Gast bei Gabi aka Made with Blümchen, vielen Dank dafür!

Was genau sind eigentlich Posamenten? Ich hatte eine vage Vorstellung davon, dass es sich dabei um Verzierungen handelt, oft von Uniformen (Möbel klammere ich mal ganz bewusst aus, weil es bei meinem Blog hauptsächlich um Bekleidung geht). Aber was genau unterscheidet Posamenten von anderen Verzierungen? Der Knackpunkt liegt darin, dass man früher aufgetragene Uniformjacken verbrannt hat, um wenigstens das für die Stickereien verwendete Gold zurückzugewinnen. Das deckte aber nicht mal annähernd die Kosten, die mit den ursprünglichen Stickereien verbunden waren. Deshalb ist man dazu übergegangen, gestickte Embleme, Rangabzeichen und Verzierungen von Paradeuniformen aufzunähen, so dass man diese leicht abtrennen konnte wenn die Jacke kaputt war. Der klassische Aufnäher war geboren. Zusätzlich kamen dann Goldkordeln und -Tressen zum Einsatz. 

 

Nun habe ich es ja nicht so mit dem militärischen Stil, auch wenn natürlich Uniformen schon immer die Mode beeinflusst haben. Dennoch tue ich mich mit eindeutig militärischen Motiven schwer, wenn überhaupt, dann nur in Form von Steampunk oder "Retrofuturismus", wie es so hübsch auf dem Blog Zeitunschärfe heißt (leider zur Zeit nicht zu erreichen. Die Autorin zeigt dort ihre Steampunk/viktorianisch-düstere, selbstgeschneiderten Kleider, handgemachte Occhi-Handschuhe und geknüpften Perlenschmuck, sehr beeindruckend). Das brachte mich natürlich zu Jules Verne, und das wiederum zu Unterwasserwelten.

Ich hatte also für mein Projekt folgendes zusammengetragen:

  • goldene Stickereien/Verzierungen
  • Tressen oder Kordeln
  • Fransen und Troddeln
  • Unterwassergetier
  • Uniformen/Abzeichen, wenn auch nur fiktiv

Eine Quallenbrosche habe ich ja hier schon mal gemacht.  Die Brosche trage ich gerne an meiner Jeansjacke, sie hat fast etwas von einem Abzeichen, deswegen dachte ich an eine thematische Fortsetzung. 

Und da ich schon immer mal Epauletten zum Anstecken haben wollte, fiel meine Wahl auch darauf. Ich habe für den Untergrund den gleichen Stoff verwendet wie für einen festlichen Samt-Blazer mit Seiden-Smoking-Revers, den ich gerade in Arbeit habe. Von chic zu partytauglich in Sekunden :-) 

 

Zu den Motiven: Die für mich faszinierendsten Unterwassertiere, auch ästhetisch gesehen, sind Oktopusse und Quallen. Beide sehen fast wie nicht von dieser Welt aus, beide haben geniale Superkräfte. Oktopusse sind so intelligent, dass Forscher tatsächlich die (ernstgemeinte) Hypothese aufgestellt haben, dass sie aus dem Weltall stammen könnten. Die Quallen-Mütter, die Anemonen, können sich teilweise komplett aus einer Zelle regenerieren. Und da ich eh keine zwei gleichen Epauletten haben wollte, habe ich beschlossen, auf die eine Seite einen Oktopus, auf die andere eine Qualle zu setzen.

 

Für meine erste Variante habe ich Golddraht aufgestickt, so wie hier. Außerdem habe ich dickeres Perlgarn aufgestickt, so wie man Kordeln aufgestickt hat (Bänder und Kordeln: check). Außen herum wollte ich eine Fransenborte annähen, die ich ganz klassisch geknüpft habe (Fransen: check). Allerdings habe ich recht schnell gemerkt, dass das alles viel zu lange dauern würde für diese Spielerei, außerdem habe ich die Technik mit dem Golddraht ja schon mal gezeigt. Ich werde sie aber sicherlich fertig machen, den Zwischenstand zeige ich natürlich trotzdem.

 

Für das zweite Paar habe ich daher die Motive und die Fransen-Borte gehäkelt was deutlich schneller geht. Damit habe ich mich zwar von der eigentlichen Posamenten-Technik, dem Knüpfen, abgewandt, aber das finde ich bei Spielereien ok! Ich habe die Motive nur teilweise aufgenäht, und die Fäden, so es denn zum Motiv passt, hängengelassen. Die Schlaufen bei der Qualle habe ich z.B. nicht angenäht. Dadurch ging es recht fix.

 

Das sogenannte Papierboot oder Argonauta, welches ich gehäkelt habe, ist ein ulkiges Tier. Das Weibchen produziert eine lose Kalkschale, die es mit den Saugnäpfen festhält, es ist also kein wirkliches Gehäuse. Außerdem hat es an dem haltenden Armpaar eine Haut zum Abdichten. Früher dachte man, dass diese Häute Segel seien, daher der Name. Das stimmt nicht, die Haut dient dazu, Luft im Gehäuse zu halten, so dass das Papierboot im Wasser schweben kann. Außerdem dient die Schale dem Schutz des Geleges. Das Männchen hingegen ist winzig und hat keine Schale.

So putzig sie aussehen, so fies sind sie eigentlich, denn sie docken mit ihren Saugnäpfen an Quallen an, fressen sie langsam auf und nutzen deren Mundwerkzeuge zur Jagd. Gut, das meine Qualle auf der anderen Schulter sitzt!

Zwecks Befestigung werde ich die Stoffteile noch auf eine Filzunterlage (gebogen) nähen, und diese mit einer Schlaufe versehen. Der Blazer bekommt dann Schulterrigel mit Knöpfen.

Das hat mal wieder Spaß gemacht! Besonders das Fransen häkeln hat es mir angetan, da kommen bestimmt noch mehr Ideen. So, und jetzt bin ich gespannt, in welche Richtung ihr gedanklich beim Thema Posamente gegangen seid! 

 

Viele Grüße,

 

Anne Sophie

Kommentar schreiben

Kommentare: 10
  • #1

    made with Blümchen (Sonntag, 30 Oktober 2022 09:07)

    Klasse, wie du die Epauletten subversiv-modern neu interpretierst! Coole Idee, dafür dann extra Halterungen am Blazer zu befestigen. Du denkst an alles. Ich werde demnächst einen Blazer nähen, und du bringst mich auf Ideen...
    Frasen häkeln ist voll ok, sogar historisch! Auf den Häkel-Galon-Maschinen werden Fransen gleichzeitig gedreht und auf einer Seite mehrfach zusammengehäkelt! (Link in meinem Blogpost) Alles miteinader sehr cool gespielt, danke fürs Mitmachen! Liebe Grüße, Gabi

  • #2

    Christiane / Schnitt für Schnitt (Sonntag, 30 Oktober 2022 11:04)

    Supercool! Da wirst du bestimmt reichlich Gesprächsstoff haben, wenn du die mal anziehst. Man könnte auch herrlich Geschichten spinnen, zu welcher Marineeinheit diese Epauletten gehören, etc. Sehr gelungen.
    Liebe Grüße
    Christiane

  • #3

    Tyche (Sonntag, 30 Oktober 2022 12:09)

    Liebe Anne Sophie, der Einblick in die maritime Unterwelt und die Umsetzung der Motive - einfach klasse! Als Partygag auf einem Blazer ist das gewiss ein Hingucker.
    Interessant, was Du über die alten Uniformen schreibst, man verbrannte diese, um das Gold der Stickerei zurückzugewinnen ? Das geschah in Indien auch mit den handgewebten Saris, die eine golddurchwirkte Bordüre hatten.
    Am Chinesischen Hof trugen die Palastbeamten ihre Hoheitszeichen - auch stets aufwendige Stickereien - wie ein Pektoral auf das Gewand genäht. Wenn der Beamte einen höheren Rang erreichte, wurde dieses Pektoral entfernt und durch das höhere Rangzeichen ersetzt, das Gewand konnte weiter getragen werden.
    Danke für Deine schönen und lustigen Beispiele und den Einblick ins Tierreich.
    Liebe Grüße
    Tyche

  • #4

    Elvira (Sonntag, 30 Oktober 2022 12:52)

    Ein interessanter Einblick in die geschichtlichen Hintergünde der epauletten. da habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht. Deine moderne, zeitangepasste Variante ist pfiffig, da wäre ich auch gerne "Mäuschen", was die Leute dazu sagen. Ich könnte es nicht tragen, mag die steampunk- Bewegung aber auch sehr. Schöne Grüße, Elvira von zwisch-en-durch

  • #5

    Stoffnotizen (Sonntag, 30 Oktober 2022 14:37)

    Wirklich sehr coole Gestaltung! Sehr schönes Hakelmuster für die/den/das Argonauta. Genial, wie Du die Perlen für die Saugnäpfe verwendet hast! Sehr imposant! Liebe Grüße!

  • #6

    Gabi - langer-faden (Sonntag, 30 Oktober 2022 14:38)

    Deine Epauletten sind spannend, vor allem die Motive. Ebenso interessant sind deine Erklärungen zu beiden. Eigentlich ist es ja logisch, daß man das Gold zurückgewinnen will, es ist doch sehr wertvoll.
    LG Gabi

  • #7

    KAZE (Sonntag, 30 Oktober 2022 17:05)

    Sehr witzig die Epauletten so neu zu interpretieren, finde ich eine tolle Idee und beim Tragen gibt es nicht nur einen Hingucker! Und wieder etwas gelerent über die Tierwelt.
    Freue mich über den Link, wenn er wieder aktiv ist.Danke!
    Viele Grüße, Karen

  • #8

    Siebensachen (Sonntag, 30 Oktober 2022 22:45)

    Sehr besonders, deine Arbeiten, finde ich. Auf Epauletten wäre ich selbst wohl nie gekommen. Deine gehäkelten Motive sind sehr kunstvoll und die Idee mit den Fransen finde ich genial. Werde ich mir merken.
    LG, Beate

  • #9

    123-Nadelei (Montag, 31 Oktober 2022 18:42)

    Witzig, fein und besonders finde ich Deine Spielerei. Bin gespannt, wo die Fransen Dich noch hin führen werden.
    Interessant fand ich auch Deine Informationen zu Gold am Kostüm, das war neu für mich.
    LG Ute

  • #10

    Clara | bimbambuki (Montag, 31 Oktober 2022 19:50)

    Grandiose Idee mit den Epauletten, humorvoll und visuell ansprechend - einfach großartig umgesetzt. Du wirst sicher die ganze Zeit darauf angesprochen werden! Kennst du den Film "Arrival"? Als Oktopus-Fan gefällt er dir vielleicht (auch wenn es dort Septi-... aber ich will nicht zu viel verraten...)

Kontakt

 Heyy Oskar

 

 Email: shop@heyyoskar.com

Du findest mich auch hier: