Warum einseitige Kragen, wenn es auch zweiseitig geht
Bei mir dreht sich heute wieder alles um Kragenformen. Ich mag Hemdblusen sehr gern, Blusen mit Kragen umrahmen ein Gesicht eben einfach ganz anders als ein simples T-Shirt. Und während ich weiter an der Perfektion von Hemdblusen arbeite, soll es bei den Stoffspielerein, nun ja, spielerischer zugehen. Ich muss zugeben, manchmal fällt es mir etwas schwer, das mit dem Spielerischen. Ich innere mich da an grauenvolle Kunststunden (und ich liebte Kunstunterricht im allgemeinen!), wo man so schreckliche, an den Haaren herbei gezogene Aufgaben bekommen hat, die man "spielerisch" angehen sollte. Vermutlich war ich bereits damals ein ernsthaftes Kind, (Mal-)Techniken und perspektivisches Zeichnen waren mir immer lieber als "künstlerischer, abstrakter Ausdruck von verschiedenen Emotionen" etc. blah blah. Ich hoffe, ich trete hier niemandem auf die Füße, aber es ist nun mal nicht meins :-)
Was ich mag an den Stoffspielereien ist also weniger das "spielerische", sondern vielmehr den Anstoß, mich an etwas Neues zu wagen. Neuerdings nehme ich dafür sogar "gute" Stoffe, nicht nur Reste :-)
Vielen Dank also an alle StoffspierlerInnen, und heute im Speziellen an Tyche, für die schönen Themen, und dass ihr mich damit manchmal auf so nette Weise "anschubst"!
Für das letzte Thema in diesem Jahr habe ich mich an den Kragen "Two distinct expressions" aus dem Buch Pattern Magic von Tomoko Nakamichi gewagt. Das Thema lautet "Zweiseitig-Vielseitig", und da dachte ich sofort an den zweiseitigen Kragen im ersten Band der Serie. Ich hatte das Buch ja bereits letztes mal beim Thema "Dreidimensional/Skulptural" verwendet, daher hatte ich die anderen Entwürfe noch gut im Kopf.
Im Buch werden die beiden Seiten des Kragens aus zwei verschiedenen Stoffen genäht, ich habe einen Stoff mit Webmuster genommen, bei dem die Seiten unterschiedlich sind: Hell mit dunklen Tupfen bzw. dunkel mit hellen Tupfen.
Zur Konstruktion des zweiseitigen Kragens habe ich die dritte Kragenform gewählt, die Ihr hier sehen könnt. Die Datei dazu findet ihr hier (Achtung, dabei handelt es sich nicht um ein Schnittmuster im eigentlichen Sinne, sondern um eine Konstruktionsdatei für Valentina).
Die Theorie dahinter lautet so: Wenn der Kragen an der oberen Kante des Stegs den genau gleichen Verlauf wie der Steg hat, um so mehr ist er gewillt, nach unten geklappt zu werden. Ich nenne das hier bündig, weil der Kragen bündig mit dem Steg verläuft, wenn man die Teile aufeinander legt. Umso mehr der Kragen in der aufrechten Position in den Kragensteg passt, umso mehr nähert man sich dem einteiligen Kragen an.
Das kann man sich zunutze machen, indem man den Unterkragen bündig schneidet, so dass er nach unten zeigen will, und den Oberkragen NICHT bündig, so dass er nach oben zeigen will. Im Buch wird der Kragen ohne Steg konstruiert, da ich die Kragenkonstruktion mit Steg aber schon fix und fertig zugeschnitten hatte, habe ich diese einfach verwendet. Jetzt brauchte ich nur noch den farblich abgesetzten Teil des Kragens, diesen konstruiert man, in dem man Ober- und Unterkragen zusammenfügt. Dabei orientiert man sich an der hinteren Mitte und legt diese zusammen, eventuell überlappende Bereiche schneidet man weg.
Das Ergebnis ist schon mal nicht schlecht! Wenn ich das nochmal mache, dann mache ich den Kragen etwas kleiner, und vielleicht nehme ich dann auch eine steglose Kragenkonstruktion.
Aber es gefällt mir, sogar im aufgerichteten Zustand. Nach unten geklappt hat es fast etwas von einem Schmetterling.
Ich denke, auch diesmal werde ich die Bluse fertigstellen, mit Ärmeln, was meint ihr?
Sooo, schön wars wie immer, ich freu mich, dass ich es doch zuletzt noch zwei mal geschafft habe, dabei zu sein!
Jetzt bin ich gespannt, was Ihr so kreiert habt.
Bis bald,
Eure Anne Sophie
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Tyche (Samstag, 23 November 2024 19:38)
Liebe Anne Sophie, Kragenkonstruktionen sind immer eine spannende Sache, und ich habe mich schon sehr oft mit schlecht sitzenden Kragen herumgeplagt.
Die Bluse solltest du auf jeden Fall fertigstellen.Ich sah auch einmal ein Abendkleid, das als " Aufhänger" so eine Kragenkonstruktion hatte.
Schön, daß du wieder dabei bist.
Herzliche Grüße von Tyche.
Gabi - langer-faden (Sonntag, 24 November 2024 08:47)
So eine Kragenkonstruktion ist ganz schön spannend. Ich habe mich mal an einer einfachen Änderung einer Kragenform versucht, war damit aber nicht glücklich. Die Idee den Kragen mit zwei verschiedenen Seiten zu nähen, gefällt mir sehr. Da muß unbedingt noch eine schöne Bluse dran! LG Gabi
Elvira - zwischendurch (Sonntag, 24 November 2024 12:51)
So ein Kragen schmückt jedes Gesicht. Ich bin gespannt, wie die fertige Bluse wird, für mich auf alle Fälle langärmlig, bin etwas verfroren am Arm. Bei den „Spielereien“ muss es nicht abstrakt- spielerisch zugehen, einfach was Ausprobieren, ob technisch oder frei ist alles gut. Schön, dass du uns deine Arbeiten zeigst und wieder dabei bist. Liebe Grüße, Elvira
Beate (Sonntag, 24 November 2024)
Auch diesen Beitrag habe ich - wie den vorigen - mit Interesse gelesen. Ich trage auch gern Blusen mit Kragen und will mir deine Kragenvarianten merken. Ein schlichter Stoff sollte es dann sein. Danke, dass du das so schön erklärt hast.
LG
Beate
Stoffnotizen (Sonntag, 24 November 2024 19:16)
Eine sehr ausgefeilte Kragengestaltung! Die Oberseite des Oberkragens ist am Steg angenäht wie auch die Unterseite des unteren Kragens und beide verbindet dann ein Stoffteil als Unterseite des Oberkagens und Oberseite des unteren Kragens? Ich wüsste aber so ganz spontan nicht in welcher Reihenfolge ich welche Naht nähe ;-) doch die Idee ist klasse! Sieht super aus, wie Du es umgesetzt hast. Liebe Grüße!
Petersilie&Co (Montag, 25 November 2024 08:49)
Spannende Details zur Konstruktion. Der Kragen ist ein richtiger Eyecatcher und Liese sich auch bestimmt ohne Bluse tragen, so als Statement Schmuckstück.
Liebe Grüsse Sabine
merlecolibri (Montag, 25 November 2024 17:35)
sehr schône konstruktionsarbeit * würde es gut als "schmuck" für einen einfacher pullover sehen !
liebe grüsse
mo
3he fecit (Montag, 25 November 2024 19:09)
Vor und nach den vormonatlichen Stoffspielereien habe ich auch in den japanischen Schnittkonstruktionsbüchern geblättert. Der Kragen ist mir auch besonders aufgefallen. Eine gute Idee. Und danke für das Erklären, wie das bei Kragen mit Steg funktioniert. Ob mit oder ohne Bluse unten dran, der Kragen ist ein Hingucker.
Liebe Grüße, heike